Aus dem Grundsatz der „Einheit des Dienstvergehens“ folgt verfahrensrechtlich, dass alle bekannten Pflichtenverstöße in einem einzigen Verfahren zu verfolgen sind. Nachträglich bekanntgewordene Verdachtsfälle werden in das laufende Verfahren einbezogen.
Dem Einheitsgrundsatz liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, was mit dem Begriff des Dienstvergehens als der Summe der zur Last gelegten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart hat, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 -BVerwG 1 D 12.05 – BVerwGE 128,125 <130>). Ein wesentliches Bemessungskriterium nach § 13 BDG ist deshalb auch nicht eine bestimmte Tat, sondern die durch ein bestimmtes Gesamtverhalten offenbar werdende Persönlichkeit des Beamten im Hinblick auf die Frage, ob und inwieweit dieser im öffentlichen Dienst noch tragbar ist (BVerwG Urt. v. 14.11.2007, 1 D 6/06).
Diese disziplinarrechtliche Sichtweise hat auch zur Folge, dass länger zurückliegende Verhaltensweisen, die für sich genommen bereits verjährt wären, weiterhin einbezogen und damit disziplinarrechtlich geahndet werden können.
Dazu das BVerwG (wie vor):
Für den Verlust des disziplinarrechtlichen „Maßregelungsanspruchs“ kann danach nicht der bloße Zeitablauf bestimmend sein, sondern allein das Wissen darum, ob das Verhalten des Beamten in seiner Persönlichkeit wurzelt oder nur als ein wesensfremdes Versagen zu werten ist; der Zeitablauf dient in diesem Zusammenhang nur als Beweisanzeichen. Diese Einbettung des Verjährungsgedankens in den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens führt zum Beispiel dazu, dass auch lange zurückliegende Pflichtverletzungen, die für sich allein betrachtet eine der in § 4 Abs. 1 und 2 BDO aufgezählten Disziplinarmaßnahmen wegen Zeitablaufs nicht gerechtfertigt hätten, erneut in die disziplinarische Betrachtung einbezogen werden können und müssen, wenn weitere Pflichtverletzungen hinzutreten, die für sich allein oder zusammen mit den älteren eine nicht der „Verfolgungsverjährung“ unterliegende Disziplinarmaßnahme notwendig machen. Die spätere Wiederholung ähnlicher Pflichtverletzungen zeigt nämlich, dass die an die ursprüngliche Nichtverfolgung geknüpfte Vorstellung, es handele sich um persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten, nicht gerechtfertigt war, das Verhalten vielmehr doch in der Persönlichkeit des Beamten wurzelte. Folgerichtig sind aus der einheitlichen Betrachtungsweise nur solche Pflichtverletzungen auszuscheiden, die mit den übrigen, später hinzugetretenen in keinem inneren oder äußeren Zusammenhang stehen (vgl. Urteile vom 22. Juni 1978 a.a.O. und vom 28. April 1981 -BVerwG 1 D 7.80 – BVerwGE 73,166 <167 f.>).