Der EuGH entscheidet über die Frage der Altersdiskriminierung bei der Besoldung der deutschen Beamten.
Der EuGH hat entschieden: Das Urteil finden Sie im Volltext unter der Rubrik Rspr. (rechte Navigationsleiste) an erster Stelle.
Der Europäische Gerichtshof hat die deutsche Übergangsregelung zur Einstufung von Beamten entgegen dem Votum der Kommission und des Generalanwaltes grundsätzlich gebilligt. Auch wenn die in Berlin angewendete Übergangsregelung auf früherer Altersdiskriminierung beruhe, sei sie nicht rechtswidrig. Damit sind Ansprüche aus der Zeit nach der Umstellung der Besoldungssysteme auf Erfahrungsstufen nicht gegeben.
Für die Zeit vor der Überleitung stellt der EuGH fest, dass die Besoldung auf der Grundlage des Besoldungsdienstalters gegen das Unionsrecht verstieß. Es sei jedoch Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall zu prüfen, ob – und in welcher Höhe – dem Beamten diesbezüglich ein Schadenersatz zu zahlen sei.
Auch die Frage, ob in diesem Rahmen nur Ansprüche für das laufende Haushaltsjahr der Geltendmachung bis zur Überleitung („zeitnahe Geltendmachung“) bestehen, oder weiter zurückreichend innerhalb der Verjährungsgrenzen (3 Jahre), ist von den nationalen Gerichten zu entscheiden.
Konkret heißt das:Für die Zeit nach der Umstellung in das neue System bestehen keine Ansprüche.
Für die Zeit davor müssen erst noch die deutschen Gerichte entscheiden, letzten Endes das Bundesverwaltungsgericht. Dieses hat bereits durch eine Pressemitteilung angekündigt, im September/Oktober 2014 entscheiden zu wollen.
Hier die Leitsätze:
1. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass die Besoldungsbedingungen der Beamten in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.
2. Die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich wie bei der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.
3. Die Art. 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschriften die Modalitäten der Überleitung von Beamten, die vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften verbeamtet worden sind, in ein neues Besoldungssystem festlegen und vorsehen, dass zum einen die Besoldungsstufe, der sie nunmehr zugeordnet werden, allein auf der Grundlage des unter dem alten Besoldungssystem erworbenen Grundgehalts ermittelt wird, obgleich dieses alte System auf einer Diskriminierung wegen des Alters des Beamten beruhte, und dass sich zum anderen der weitere Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe nunmehr allein nach der seit dem Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften erworbenen Berufserfahrung bemisst.
4. Das Unionsrecht, insbesondere Art. 17 der Richtlinie 2000/78, schreibt unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren nicht vor, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.
Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob alle vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Haftung der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind.
5. Das Unionsrecht steht einer nationalen Vorschrift wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des laufenden Haushaltsjahrs, geltend machen muss, nicht entgegen, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den Ausgangsverfahren erfüllt sind.
Anforderungen an die Anordnung amtsärztlicher Untersuchung (OVG 4 S 13.14, Beschl. v. 17.06.2014)
Danach ist die Untersuchungsaufforderung des Dienstherrn gegenüber dem Beamten Verwaltungsakt. Inhaltlich müssen die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 S. 2 LBG vorliegen, wonach der Beamte verpflichtet ist, sich nach Weisung der Dienstbehörde durch einen von dieser bestimmten Arzt untersuchen zu lassen, wenn Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestehen und dies für erforderlich gehalten wird. Einer solchen Aufforderung müssen erstens tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Unfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen. Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es geht“. Die Untersuchungsanordnung muss auch Angaben über Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Belieben des Arztes überlassen.
Neues zum Streikrecht der Beamten
Mit mehreren Klagen bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Berlin hatten wir uns gegen Disziplinarverfügungen gewendet, die die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gegen Lehrer verhängt hatte, die wegen der Teilnahme an Streik-um Protestmaßnahmen einige Unterrichtsstunden nicht wahrgenommen hatten. Hintergrund waren Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR, Entscheidungen vom 12. November 2008 – Nr. 34503/97 -, Demir und Baykara, und vom 21. April 2009 – Nr. 68959/01 -, Enerji Yapi-Yol Sen). Danach umfasst die europarechtlich in Art. 11 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) gewährleistete Vereinigungsfreiheit als ein Menschenrecht auch die Befugnis zu Kollektivverhandlungen und zum Streik. Für den öffentlichen Dienst darf dieses Recht nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die mit Art. 11 Abs. 2 EMRK vereinbar sind. Derartige Einschränkungen dürfen bestimmte Beamtenkategorien erfassen, sich aber nicht auf Beamte im Allgemeinen erstrecken. Die gesetzlichen Einschränkungen des Streikrechts müssen so klar und eng wie möglich die Kategorien der betroffenen Beamten festlegen.
Die (mutmaßliche) Europarechtswidrigkeit des nationalen Rechts ändert aber nichts daran, dass dieses Recht (zunächst ) weiterhin gültig ist. Es lässt sich nicht im Wege völkerrechtsfreundlicher Auslegung beamtenrechtlicher Vorschriften an die EMRK anpassen. Vielmehr ist es Aufgabe des verfassungsändernden Gesetzgebers, einen mit Art. 11 EMRK vereinbaren Rechtszustand im deutschen Beamtenrecht herbeizuführen.
Das hat nun das BVerwG mit Urteil vom 27.02.2014 entschieden (2 C 1/13):
1. Das beamtenrechtliche Verbot, an kollektiven Kampfmaßnahmen (Streiks) teilzunehmen, gilt als hergebrachter Grundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsunmittelbar für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich.
2. Ein umfassendes Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen ist mit tragenden Strukturprinzipien der durch Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gewährleisteten Institution des Berufsbeamtentums unvereinbar.
3. Art. 11 EMRK in seiner bindenden Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewährleistet allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht in den Streitkräften, der Polizei und der genuinen Hoheitsverwaltung tätig sind, sowie ihren Gewerkschaften ein Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene kollektive Kampfmaßnahmen.
4. Das statusbezogene Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG und die funktionsbezogenen Gewährleistungen nach Art.11 EMRK sind in Bezug auf Beamte, die außerhalb der genuinen Hoheitsverwaltung eingesetzt sind, inhaltlich miteinander unvereinbar. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diese Kollisionslage aufzulösen und im Wege der praktischen Konkordanz einen Ausgleich herbeizuführen
5. Eine Disziplinarverfügung erledigt sich durch das Ausscheiden des gemaßregelten Beamten aus dem Beamtenverhältnis.
Fazit für unsere Kläger: wir haben zwar Recht, bekommen es aber nicht, weil die einschlägige Vorschrift der EMRK noch nicht in nationales deutsches Recht umgesetzt ist.
Neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Konkurrenzverfahren
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20.6.2013 entschieden (2 VR 1/13), dass der bei einer Auswahlentscheidung nach Art. 33 II GG der vorzunehmende Vergleich von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung grundsätzlich nicht (mehr) orientiert am konkreten Dienstposten vorzunehmen ist, sondern an den Anforderungen des Statusamtes. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Dienstaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen; sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle. Begründet wird die Abkehr von der bisherigen Rspr. mit dem Laufbahnprinzip und damit, dass von einem geeigneten Bewerber erwartet werden kann, dass er sich in die zukünftigen Aufgaben in angemessener Zeit einarbeiten kann. Außerdem könne die Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens jederzeit wieder verändert werden.
Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf beamtenrechtliche Konkurrenzverfahren. Auszuwählen ist nun nicht mehr der für die konkrete dienstliche Aufgabe am besten geeignete Bewerber sondern derjenige, der den allgemeinen Anforderungen des Statusamtes am Besten gerecht wird.
Und: Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden.
Allerdings: Die Orientierung der Auswahlentscheidung am Statusamt gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht für die hiesigen Landesbeamten: Der 7. Senat des OVG hat insoweit wie folgt erkannt: „Diese Auffassung dürfte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den von Art. 33 Abs. 2 GG gesteckten Rahmen weiter fasst (…), als Auslegung des einfachen Bundesbeamtenrechts zu verstehen sein (…), auch wenn das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Begründung ebenfalls beim Grundgesetzartikel ansetzt dann bliebe es einem Gesetzgeber unbenommen, im grundgesetzlichen Rahmen Konkretisierungen vorzunehmen, wie es etwa der Berliner Gesetzgeber mit § 6 Abs. 3 des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz -VGG- gemacht hat, in welchem die Anforderungen des Aufgabengebiets zur Grundlage des Auswahlverfahrens erklärt worden sind.“ (Beschl. v. 14.04.2014, OVG 7 S 19.14).
Mit einem weiteren Beschluss vom 23. Mai 2014 (OVG 7 S 20.14) hat das Oberverwaltungsgericht weitergehend auch Zweifel an der Rspr. des BVerwG anklingen lassen: „Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob er sich die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigen macht“ (weil nur einstweiliger Rechtsschutz, pp.). Und: „Gegen die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind jedoch auch Einwände aus dem Landesgleichstellungsgesetz angebracht worden (von Roetteken, jurisPR-ArbR 1/2014 Anm. 4) über die zu befinden sein wird.“
Keine Begrenzung der Beihilfe für im Basistarif krankenversicherte Beamte
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem von uns vertretenen Verfahren entschieden, dass eine Begrenzung des Anspruchs auf Gewährung von Beihilfe für diejenigen, die im so genannten Basistarif privat krankenversichert sind, gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstößt .
Der Kläger ist beihilfeberechtigter Ruhestandsbeamter des Landes Berlin. Die von ihm bei der Beihilfestelle zur Erstattung beantragten ärztlichen Leistungen wurden überwiegend mit dem 2,3-fachen Gebührensatz der GoÄ abgerechnet. Das Landesveraltungsamt kürzte die beantragten Beträge, indem es einen geringeren Erhöhungssatz als den2,3-fachen in Ansatz brachte. Dabei wendete es eine Regelung der Beihilfeverordnung des Landes Berlin an, die unter Bezugnahme auf eine Regelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, dass bei ärztlichen Leistungen nur wesentlich geringere Erhöhungssätze abgerechnet werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat die unserer Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt. Die Begrenzung der Beihilfegewährung auf die Erhöhungssätze, die für Versicherte im Basistarif der privaten Krankenversicherung gelten, verstößt danach gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Beamte und deren berücksichtigungsfähige Angehörige, die in Ermangelung einer Alternative im Basistarif versichert sind, werden dadurch gegenüber den im Regeltarif krankenversicherten Beihilfeberechtigten benachteiligt. Hierfür fehlt es an einem sachlichen Rechtfertigungsgrund.
BVerwG 5 C 16.13 – Urteil vom 17. April 2014, Vorinstanz: VG Berlin 7 K 91.11 – Urteil vom 12. Dezember 2012
Ebenso hat das am selben Tage für Bundesbeamte entschieden: BVerwG 5 C 40.13
Neue Rspr. des BVerwG zur gesundheitlichen Eignung bei der Einstellung von Beamten (Urteil v. 25 diet pills that work for women.07.2013, 2 C 12.11)
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem richtungsweisenden Urteil entschieden, das der bisher angelegte Maßstab bei der Frage der gesundheitlichen Eignung für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis so nicht mehr anzuwenden ist. Das Urteil betrifft einen an multipler Sklerose erkrankten schwer behinderten Lehrer.
Bisher galt, dass bei der Frage der (Negativ-)Prognose der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste. Diesbezüglich wurde dem Dienstherrn ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Beides – den Maßstab bei der Negativprognose und die Frage eines Beurteilungsspielraumes – hat das BVerwG nun neu entschieden. Der (neue) Maßstab ist jetzt, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit prognostisch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten soll. Und einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn soll es an dieser Stelle auch nicht mehr geben. Vielmehr werden deutlich höhere Anforderungen an die gesundheitliche Prognose gestellt, welche in aller Regel durch einen Mediziner auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis erfolgen soll, wobei die medizinische Diagnose Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen soll.
Interessant ist auch die Aussage, dass die negative Eignungsprognose bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet werden konnte, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind, was künftig nicht mehr der Fall sein soll. Das wirft die Frage auf, ob entsprechende Regelwerke –z.B. die für den Polizeivollzug geltende sog. PDV 300 – künftig nicht mehr herangezogen werden dürfen. Dazu muss die Rspr. der Instanzgerichte abgewartet werden. Denn bei der PDV 300 geht es nicht in erster Linie um eine negative Prognoseentscheidung sondern um die grundsätzliche Eignung bezogen auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes. Es scheint aber wahrscheinlich, dass die bisherige Standardisierung der Anforderungen auch in diesem Bereich überarbeitet werden muss, insbesondere soweit auch hier prognostische Elemente (standardisiert) eingearbeitet sind. Dort, wo gesundheitliche Einschränkungen eine besondere Vollzugsdiensttauglichkeit aber bereits von Anbeginn ausschließen, dürfte dies auch weiterhin gelten und als Ablehnungsgrund der Einstellung für eine solche Laufbahn herangezogen werden können.
Einen Auszug aus den Entscheidungsgründen finden Sie hier. Das komplette Urteil ist auf der Internetseite des BVerwG veröffentlicht (Az. 2 C 11.12).
OVG Berlin-Brandenburg zur vorzeitigen Zurruhesetzung von Vollzugsbeamten: Weiterverwendung vor Versorgung
Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 11.09.2013 die Rspr. des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt, wonach ein polizeivollzugsdienstunfähiger Beamter, der noch funktionsbezogen im Vollzugsdienst tätig sein kann, dort weiterverwendet werden muss, wenn nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen (Auszüge aus den Entscheidungsgründen finden Sie hier). Dabei begründe die Neuregelung des § 105 LBG Berlin eine „bis zur Grenze nicht mehr hinnehmbarer Schwierigkeiten“ reichende Verpflichtung des Dienstherrn, personelle und organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes zu ermöglichen.
Die Vorschrift begründe zugleich die Pflicht des Dienstherrn, in dem vorbezeichneten Umfang nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, um den gesetzlich konkretisierten Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ wirksam umzusetzen.
Zu der weitergehenden Verpflichtung, einen Vollzugsbeamten bei tatsächlich nicht mehr bestehender Weiterverwendung im Vollzug gem. § 105 Abs. 2 in eine andere Laufbahn zu versetzen, musste das OVG in dem vorliegenden Urteil keine Aussagen treffen, weil der fragliche Beamte nur noch wenige Monate Dienstzeit bis zum Erreichen seiner Altersgrenze hatte. Insoweit hat es aber auf seine frühere Rspr. zu der sachgleichen Regelung in § 107 Abs. 2 Satz 1 LBG a.F. verwiesen (Urteil vom 8. Dezember 2011) wonach die Soll-Vorschrift des § 105 Abs. 2 Satz 1 LBG dem Dienstherrn kein Ermessen eröffnet, sondern von dessen grundsätzlicher Verpflichtung ausgeht, den polizeidienstunfähigen Beamten in ein Amt einer anderen Laufbahn zu versetzen. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur anderweitigen Weiterverwendung eines polizeidienstunfähigen Beamten ist danach mit der Zielrichtung der Regelung nur dann vereinbar, wenn in den Erfordernissen des Dienstbetriebes liegende Gründe höchster Priorität eine Versetzung des Beamten in eine andere Laufbahn ausschließen. Der mit der Umschulung eines Beamten zum Zweck der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand kann für den Dienstherrn insbesondere dann unzumutbar werden, wenn der Beamte kurz vor dem Erreichen der Altersgrenze steht.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Urlaubsabgeltung für Beamte
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 31.1.2013 über die Frage des Urlaubsabgeltungsanspruches für Beamte entschieden und damit die Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH auf das deutsche Beamtenrecht definiert (BVerwG 2 C 10.12).
Konkret hat das BVerwG erkannt, dass nur ein Mindesturlaub von vier Wochen abgegolten werden kann. Damit werden weder ein über 20 Tage hinausgehender Erholungsurlaub, noch Arbeitszeitverkürzungstage oder der Schwerbehinderten- Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX erfasst.
Das Gericht hat noch weitere Einschränkungen vorgenommen: So soll der Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt sein, wenn der Beamte im fraglichen Jahr zwar seinen regulären Urlaub nicht hat nehmen können, wohl aber „alten“, aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub. Und: Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren verfallen spätestens 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres. Ein im Urlaubsjahr genommener Arbeistzeitverkürzungstag ist wie ein Urlaubstag zu behandeln. Und anteiliger Urlaub im Zurruhesetzungsjahr wird monatsgenau berechnet, nicht wie in der EUrlVO bestimmt (hälftig bei Zurruhsetzung im ersten Halbjahr, sonst voll). Die Verjährung (3 Jahre) beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.
In den zahlreichen ruhend gestellten Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Berlin haben wir nun nach Vorliegen der schriftlichen Entscheidungsgründe die Wiederaufnahme beantragt. Zwischenzeitlich liegt auch das Rundschreiben der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vor, durch das diese neue Rechtslage „umgesetzt“ wird (Rundschreiben I Nr. 13/2013). Die anhängigen Klageverfahren werden auf dieser Grundlage überwiegend erledigt werden können. Wegen der Vielzahl der Verfahren rechnen wir hier allerdings mit einem gewissen Zeitablauf.
Verwaltungsgericht Berlin sieht keine verfassungswidrig zu niedrige Alimentation
In mehreren Urteilen hat die 26. Kammer des VG Berlin von uns erhobene Klagen wegen zu niedriger Alimentation im Land Berlin abgewiesen (z.B. Urteil v. 9.11.2012, VG 26 K 30.11). Näheres dazu hier.
Das Verwaltungsgericht hat mit den bezeichneten Urteilen jeweils die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen. Wir haben Berufung eingelegt. Mit einer Entscheidung rechnen wir allerdings erst im Jahr 2014. In einem neuen, von der GEW beauftragten Gutachten des Herrn Prof. Ulrich Battis sieht dieser aber tatsäclich die derzeitige Besoldung der Berliner Landesbeamten als nicht mehr verfassungsgemäß an.
Bei der hier gegenständlichen Frage amtsangemessener Alimentation geht es nicht um das Problem der Altersdiskriminierung, welches Gegenstand zahlreicher anderer von uns geführter Klageverfahren ist. Hier ging und geht es allein um die Frage, ob dem Verfassungsgrundsatz amtsangemessener Alimentation bei seit dem Jahr 2004 unveränderten Bezügen mit lediglich marginaler Anhebung im Jahr 2010 und dem damit einhergehenden Verlust von Realeinkommen noch genügt war und ist.
Neuregelung der Beamtenbesoldung im Land Berlin 2011
Das Abgeordnetenhaus hat am 09. Juni 2011 die Neuregelung der Beamtenbesoldung für Berliner Beamte beschlossen. Neu eingestellte, vorhandene und übergeleitete Beamte erhalten gemäß der neuen Besoldungstabelle ab 01. August 2011 eine Erhöhung ihrer Besoldung um 2 Prozent. Die Sonderzahlungen wie der Familienzuschlag und die Stellen- und Amtszulagen werden als eigenständige Zahlungen beibehalten.
Neu ist die Einordnung in die jeweilige Besoldungsgruppe und -stufe bei Anrechnung der Berufserfahrung und nicht wie bisher auf der Grundlage des Dienstalters. Danach werden Beamte, die keine Berufserfahrung aufweisen, in die Stufe 1 eingruppiert. Durch überdurchschnittliche Leistungen kann der Aufstieg in die nächste Stufe beschleunigt werden. Eine Bindung an eine bestimmte Dienstzeit fällt weg. Dasselbe gilt bei unterdurchschnittlichen Leistungen. Dort wird der Aufstieg in eine andere Besoldungsgruppe gehemmt. Auch kann sich ein längerer Sonderurlaub negativ auf den Aufstieg auswirken.
Das neue System sieht für alle Besoldungsgruppen der A-Besoldung (Besoldungsgruppen A 4 bis A 16) nur noch acht Erfahrungsstufen vor.
Bei der Überleitung in das neue Besoldungsrecht wird die Besoldungserhöhung zum 1. August 2011 in Höhe von 2 % berücksichtigt. Die Zuordnung erfolgt daher entweder direkt in eine Stufe der Tabelle oder in eine Überleitungsstufe der Überleitungstabelle. Dabei ist die Einordnung in die Stufe oder die Überleitungsstufe vorzunehmen, die dem auf den vollen Euro-Betrag aufgerundeten Grundgehalt entspricht bzw. die mit dem nächsthöheren Betrag.
Wird die Zuordnung zu einer Stufegemäß der Tabelle vorgenommen, ergibt sich der weitere Stufenaufstieginnerhalb der Besoldungsgruppe aus der ab dem 1. August 2011 erworbenen Erfahrungszeit(Ausnahme: § 3 Absätze 3 und 4 BerlBesÜG). Bei einer Zuordnung zu einer Überleitungsstufewird die nächste reguläre Stufe spätestens nach Ablauf von zwei Jahrenerreicht, d. h. spätestens zum 1. August 2013.
Durch die Überleitung in das neue Erfahrungsstufenmodell kann es im Einzelfall zu einem erheblichen Verlust von Dienstzeiten kommen. Dies sehen wir als ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und empfehlen Rechtsmittel.
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