Zeitnahe Geltendmachung
Macht der Beamte eine verfassungswidrige Unteralimentation geltend und erkennt das Bundesverfassungsgericht dies als gegeben an und verfügt eine rückwirkende Korrektur, dann stehen dem Beamten rückwirkend nur Ansprüche zu, die er zum einen zeitnah geltend gemacht hat, und die zum anderen noch nicht verjährt sind.
Mit einer zeitnahen Geltendmachung sichert sich der Beamte die Ansprüche ab dem Jahr, in dem diese Geltendmachung erfolgt. Wichtig ist, dass er dabei auch deutlich macht, dass sich der Widerspruch oder die Geltendmachung nicht nur auf das aktuelle Jahr, sondern auch auf Folgejahre erstreckt.
Auch solchermaßen gesicherte Ansprüche verjähren aber innerhalb von drei Jahren ab dem Jahresende. Um dies zu verhindern, sollte ein Verjährungsverzicht des Dienstherrn herbeigeführt werden, andernfalls sollte vor Ablauf der Verjährungsfrist Klage erhoben werden.
Instruktiv insoweit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 4.05.2017 (2 C 60/16): Besoldungsansprüche, die sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen einer vorherigen Geltendmachung; sie können erst ab dem hierauf folgenden Monat gewährt werden (Rn. 14). Für einen Nachzahlungsanspruch wegen verfasssungswidrig nicht amtsangemessener Alimentation gilt dagegen das Prinzip der zeitnahen Geltendmachung.
Das BVerwG unterscheidet zwischen solchen Ansprüchen, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und solchen, die einer vorgängigen Entscheidung über Grund und Höhe bedürfen (genanntes Urteil, Rn. 17 ff).
„Diese Rechtsprechung folgt dem Grundgedanken, dass der Beamte kundtun muss, wenn er sich mit der gesetzlich vorgesehenen Alimentation nicht zufrieden geben will (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 – 2 C 40.10 – USK 2011, 147 Rn. 7). Sein Begehren kann nicht durch bloße Rechtsanwendung der Behörden entschieden werden, sondern setzt eine Klärung der normativen Grundlagen der Besoldung voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 2 C 28.07 – juris Rn. 21).
b) Dieser Anspruch kann grundsätzlich erst zukünftig, d.h. ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat anerkannt werden (vgl. zur unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26.14– Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 m.w.N. sowie für die Geltendmachung eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen altersdiskriminierender Besoldung BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 – 2 C 11.16-).
Eine rückwirkende Leistungsbewilligung kommt nur in Betracht, wenn die – neu erlassene – Rechtsgrundlage dies vorsieht oder wenn sich die Verpflichtung zur rückwirkenden Leistungsgewährung aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der Feststellung eines Verfassungsverstoßes grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, diesen rückwirkend zu beseitigen (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <265> m.w.N.).
Diese Überlegung trifft materiell auch für den Bereich der Beamtenbesoldung zu. Wenn die bisherige Alimentation nicht ausgereicht hat, einen amtsangemessenen Lebenszuschnitt zu gewährleisten, musste der betroffene Beamte eigenes Vermögen hierfür einsetzen oder Schulden aufnehmen (wenn er eine nicht-amtsangemessene Lebensführung vermeiden wollte). Diese „Vorleistung“ nachträglich auszugleichen erscheint aus Rechtsgründen geboten; Grenze hierfür ist grundsätzlich nur die Einrede der Verjährung.
Ausnahmen von der rückwirkenden Regelungspflicht hat das Bundesverfassungsgericht aber im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen anerkannt. Gerade bei besoldungsrechtlichen Normen sei überdies zu beachten, dass die Alimentation des Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstelle. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes sei daher mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 – 2 BvL 19/09 u.a. – BVerfGE 140, 240 Rn. 170 m.w.N.). Im Bereich der Beamtenbesoldung kann sich eine rückwirkende Heilung von Verfassungsverstößen deswegen personell auf diejenigen Beamten beschränken, die ihre Ansprüche geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden wurde, und sachlich auf den Zeitpunkt des laufenden Haushaltsjahres, in dem der Beamte seine Unteralimentierung gegenüber dem Dienstherrn erstmals geltend gemacht hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerfGE 81, 363 <385>).
Soweit der geltend gemachte Anspruch nicht auf die verfassungswidrige Unterschreitung der Mindestalimentation zurückgeführt wird, hält indes auch das Bundesverfassungsgericht nur eine Rückwirkung für erforderlich, die einen Anspruch auf Nachzahlung „ab dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Beanspruchung“ einräumt (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <266>). Entsprechendes gilt für die vorliegende Behauptung eines unzutreffend festgesetzten Auslandszuschlags, weil damit kein Verfassungsverstoß dargetan wird. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, bei der Festsetzung der Beamtenbezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 – BVerfGE 117, 330<344>). Der Auslandszuschlag wird zusätzlich zum Grundgehalt gewährt und betrifft daher jedenfalls im Ausgangspunkt nicht die amtsangemessene Alimentation (BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2016 – 2 B 5.16 – NVwZ-RR 2017, 385 Rn. 15 f.). Auch der Kläger macht nicht geltend, dass durch die Gewährung eines Auslandszuschlags auf Grundlage der Zonenstufe eins die amtsangemessene Mindestalimentierung unterschritten würde.“
Also: Kommt es bei nicht amtsangemessener Alimentation später zu einer rückwirkenden Korrektur der Besoldung, gilt der Grundsatz zeitnaher Geltendmachung bezogen auf das Jahr, in dem der Beamte Ansprüche geltend gemacht hat.
Geht es aber um Besoldungsteile, die nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgen, sondern einer vorherigen Rechtsanwendung bedürfen, gilt die vorherige Geltendmachung, der Anspruch besteht dann (im Falle des späteren Erfolgs) erst ab dem auf die Geltendmachung folgenden Monat, nicht für das gesamte Geltendmachungsjahr.